Jahresrückblick 2021

2021 neigt sich dem Ende zu, die Zeit der Jahresrückblicke ist angebrochen und auch wir wollen – verbunden mit den besten saisonalen Grüßen – eine kleine Rückschau wagen:

Das Thema Corona oder vielmehr die Frage, wie unsere Gesellschaft unter Zuhilfenahme digitaler Technologien auf diese Herausforderung reagiert, hat uns auch in diesem Jahr wieder beschäftigt. Schon 2020 haben wir begonnen, den #WirVsVirus-Hackathon auf sein demokratietheoretisches Potential zu prüfen. Die ausgearbeitete Fortsetzung „Civic Hackathons und der Formwandel der Demokratie“ ist nunmehr in der Politischen Vierteljahresschrift erschienen. In dem Text unternehmen wir eine repräsentations-theoretische Untersuchung, wie unterschiedliche Ansprüche gesellschaftlicher Gestaltung in und durch Civic Hackathons erhoben und verhandelt werden. Wem der Journal-Artikel zu ausführlich ist, kann auch die Kurzfassung auf dem DVPW-Blog lesen oder die Überlegungen, die sich Sebastian und Daniel Staemmler auf netzpolitik.org allgemeiner zu Hackathons als Zivilgesellschaft im Wettbewerbsformat gemacht haben.

Auch in vielen anderen Themenbereichen war es ein umtriebiges Jahr: Sebastian und Jeanette beschäftigten sich in einem Artikel für die Internet Policy Review mit dem Konzept der „Digital Democracy“, das sie als einen Ansatz zur Untersuchung des Verhältnisses zwischen kollektiver Selbstbestimmung und digitalen Infrastrukturen begreifen. Niklas hat zusammen mit weiteren Forscher*innen am Weizenbaum-Institut und in Kooperation mit dem Goethe-Institut eine Studie zu den Einstellungen junger Europäer*innen zu KI durchgeführt. Für „We and AI – Living in a Datafied World: Experiences & Attitudes of Young Europeans“ haben sie rund 3000 junge Erwachsene aus sechs Ländern befragt, wie sie die zunehmend datengetriebene Welt wahrnehmen und welche Einstellungen sie gegenüber dem Einsatz von KI in unterschiedlichen Lebensbereichen haben. Thorsten hat sich in mehreren kleinen Veröffentlichungen mit den demokratischen Herausforderungen von KI befasst, vor allem aber den Strukturwandel der Öffentlichkeit nochmal eingehend betrachtet: In „Privatisierung ohne Privatismus“ unterbreitet er gemeinsam mit Philipp Staab einen Vorschlag zur Integration der sozialen Medien in eine ambitionierte Theorie der Öffentlichkeit. Mit sozialen Medien und vor allem der politischen Einflussnahme, die dort stattfindet, hat sich wiederum Karoline beschäftigt. In ihrem Artikel „Erfolgreiche Agenda-Setter“ beantwortet sie die Frage, auf welche Weise Social-Media-Influencer*innen auf gesellschaftliche Polarisierung Einfluss nehmen können.
Weitere Publikationen, die aus dem Kreis unserer Forschungsgruppe erschienen sind, stammen von Jeanette zu blinden Stellen in der politischen Debatte um Plattformmacht oder von Thorsten (zusammen mit Julia Pohle) zum Konzept der Digitalen Souveränität. Das Problem mit der digitalen Souveränität war auch Thema eines Essays, welches Thorsten in der FAZ veröffentlicht hat.

Mit Blick auf Veranstaltungen ging das Jahr gleich mit einem Highlight los. Im Februar fand die von uns mitorganisierte POLKOMM 2021 zu „Meinungsbildung und Meinungsmacht in dissonanten Öffentlichkeiten“ statt, die auch schon ein Vorgeschmack auf die große und von uns mitorganisierte Weizenbaum Conference zu Democracy in Flux im Juni war (gerade läuft der CfP für die 2022er-Ausgabe mit dem Titel „Practicing Sovereignty“). Erfreulicherweise konnten wir in diesem Jahr auch unsere Lektüreworkshop-Reihe wieder aufnehmen: Im Oktober diskutierten wir gemeinsam mit unseren Gästinnen Katharina Hoppe und Francesca Schmidt über „Feministische Theorien der Digitalisierung – Feministische Theorien der Demokratie“.
Aber nicht nur bei den von uns organisierten Veranstaltungen ließen wir uns blicken. Sebastian war  auf dem diesjährigen DVPW-Kongress mit einem Beitrag zum Thema „An engine, not a camera: Eine Genealogie der Verdatung des Demos im Lichte repräsentationstheoretischer Überlegungen“ vertreten und diskutierte „The Democratic Question in Digital Terms“ zusammen mit Daniel Staemmler beim World Congress of Political Science (IPSA). Thorsten wiederum sprach beim „Mind the Progress“-Kongress in Hamburg und fragte mal ganz grundsätzlich: Kann Demokratie Digitalisierung?

Personell war auch einiges an Bewegung drin. Im Sommersemester mussten wir Thorsten für einige Monate missen, das er eine Vertretungsprofessur für Vergleichende Regierungslehre an der Universität Erfurt übernahm. Verstärkt werden wir seit Herbst von Sarah Großheim, die als juristische Hilfskraft vor allem Niklas unterstützt. Als Fellow in diesem Jahr haben uns für je zwei bis drei Monate Amélie Heldt, Ronja Kniep, Lisa-Maria Neudert und Martin Seeliger begleitet. Und auch in unseren Lektüresitzungen hatten wir wieder zahlreiche Gäst*innen – danke an Halina Bause, Bernhard Rieder, Michael Seemann und Volker Stocker für die anregenden Diskussionen.

Zum Abschluss noch einmal besonders hervorheben möchten wir unseren Literaturradar „DigiDem Digest“. Mittlerweile rund 300 Abonnent*innen zählt unsere monatliche erstellte Übersicht von Artikeln und relevanten Neuerscheinungen aus dem Forschungsfeld Demokratie und Digitalisierung. Vielen Dank an Katja und Sarah fürs Zeitschriftenwälzen.  Wer über den Jahreswechsel Langeweile hat, dem sei außerdem noch die Sektion Podcasts auf unserer Webseite empfohlen, dort gibt es viel von dem, worüber wir im letzten Jahr nachgedacht haben, nochmal zum Nachhören.

Wir wünschen Euch erholsame Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr 2022!

Euer Team der Forschungsgruppe Demokratie und Digitalisierung